Kreislaufwirtschaft
Bereits seit 1996 gibt es ein Kreislaufwirtschaftsgesetz in Deutschland, das die umweltverträgliche Bewirtschaftung von Abfällen fördern soll. Ein aktuelles Rückbauvorhaben zeigt jedoch, woran die Realisierung häufig scheitert.
Das Gebäude der ehemaligen Fass-Salzerei im Rostocker Fischereihafen stammt aus den 1950er-Jahren. Der Hallenbau in Stahlbetonskelettbauweise mit zwei Kopfbauwerken in Ziegelbauweise hat eine Grundfläche von 5.040 m2, ein Volumen von 42.000 m3 und besteht aus geschätzten 11.500t mineralischer Bausubstanz. Die Rückbauarbeiten begannen Anfang 2022, um das Baufeld für einen Neubau frei zu machen. Es wird kontrolliert und selektiv zurückgebaut, damit möglichst große Mengen der Rückbaumaterialien einem Recycling zugeführt werden können. Dies wird durch mehrere Faktoren erschwert.
Schadstoffbelastung Bestandsgebäude
An erster Stelle stehen die umfangreichen baustoffimmanenten Schadstoffbelastungen, die an nahezu allen Gebäudeelementen wie Fußböden, Wänden, Decken und Dächern sowie in der Gebäudeausstattung zu finden sind. Zum Schadstoffspektrum gehören vielgestaltige Asbestbelastungen, in großen Mengen krebserzeugende Mineralwolle sowie großflächig verbaute Teerpappen. Hinzu kommen zahleiche Verbundwerkstoffe, die nicht mit angemessenem Aufwand trennbar sowie teilweise mit Schadstoffen belastet sind. Ungünstige statische Bedingungen erschweren die Materialtrennung zusätzlich. Unter den unbelasteten Rückbauabfällen befinden sich wiederum Materialien wie Porenbeton und Kalksandstein, die für ein Recycling schlecht oder gar nicht geeignet sind. Der Schadstoffrückbau erfordert personell, zeitlich und wirtschaftlich einen erheblichen Aufwand. Er wird voraussichtlich die Hälfte der Gesamtrückbauzeit beanspruchen, weil umfangreiche Arbeitsschutzmaßnahmen und personalintensive Arbeitsverfahren notwendig sind. Für die ausführenden Beschäftigten ist der Schadstoffrückbau mit einer großen körperlichen Belastung verbunden.
Von den Gesamtrückbaukosten im mehrstelligen Millionenbereich werden voraussichtlich 80 bis 85 Prozent auf den Schadstoffrückbau und die Entsorgung aller schadstoffbelasteten Rückbaumaterialien entfallen. Die Rückbau- und Entsorgungsplanung für ein derartiges Bestandsgebäude kann nur noch auf Schadensbegrenzung zielen. Das Potenzial für die unbedenkliche Kreislaufführung von Rückbaumaterialien ist leider sehr gering.
Fazit
Das Projektbeispiel verdeutlicht, wie bedeutsam es ist, das kreislaufgerechte Bauen in frühen Planungsphasen für Neu- und Umbauten zu thematisieren. Relevant sind unter anderem die folgenden Aspekte:
- Verzicht auf schadstoffhaltige Materialien bzw. auf das Überbauen von Schadstoffen im Bestand
- Verwendung von Materialien, die sich mit geringem Aufwand hochwertig wiederverwenden, wiederverwerten oder recyceln lassen
- Verzicht auf Verbundwerkstoffe bzw. Verwendung leicht lösbarer Verbindungen
- Konstruktionen mit ausgeprägter Rückbaufähigkeit einschließlich statischer Aspekte
Nur die Berücksichtigung aller Aspekte ermöglicht es, dem Ziel der Kreislaufwirtschaft stetig näherzukommen.