Im Gespräch mit
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Katharina Klemt-Albert, Institut für Baumanagement, Digitales Bauen und Robotik im Bauwesen RWTH Aachen University
Welche Herausforderungen prägen aktuell die Planungs- und Baubranche?
Zu den großen Herausforderungen der Branche gehört die Aufgabe, die negativen Auswirkungen des Bauens auf die Umwelt zu reduzieren, die während des gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks anfallen. Hierzu ist es notwendig, nachhaltige Verfahren einzusetzen, umweltfreundliche Baustoffe zu verwenden, Energie einzusparen und Ressourcen zu schonen. Darüber hinaus muss die Effizienz von Bauprozessen und die Produktivit.t gesteigert werden. Bauprojekte sind viel zu oft geprägt von Zeitverzögerungen und Kostenüberschreitungen. Durch den Einsatz innovativer Technologien und optimierter Planungs- und Bauprozesse kann die Effizienz jedoch verbessert werden und Projekte können stabiler abgewickelt werden. Die genannten Aspekte werden durch den Fachkräftemangel noch verstärkt. Der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften in der Planungs- und Baubranche ist hoch, während das Angebot an Fachkräften begrenzt ist. Daher ist es von hoher Bedeutung, talentierte und gut ausgebildete Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten, um den Anforderungen der Projekte gerecht zu werden.
Wie kann die Branche diesen Herausforderungen begegnen?
Für die Bewältigung dieser Aufgaben ist eine konsequente Digitalisierung unumgänglich. Das erfordert jedoch ein Umdenken in der Branche. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie eine Krise den Anstoß zu neuen Ansätzen und Sichtweisen sowie zum Vorankommen der Digitalisierung geben kann. Wie bei jeder Veränderung ist es entscheidend, die Menschen mitzunehmen. Vorbehalte und Ängste müssen ernst genommen werden, damit Veränderungen akzeptiert und umgesetzt werden. Das setzt eine offene und transparente Kommunikation voraus. Wissen und Schlüsselkompetenzen sollten vermittelt werden, um den Wandel zu unterstützen. Gleichzeitig müssen die Erwartungen und Kompetenzen der jungen Generation in die tägliche Arbeit integriert werden, damit frische Perspektiven und Innovationen eingebracht werden können. Durch diese Ansätze kann der Wandel in der Baubranche gelingen und eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung ermöglicht werden.
„Es liegt an uns, Chancen zu erkennen und das Planen und Bauen nachhaltiger und effizienter zu
machen!“
Wie kann die Digitalisierung als Treiber zur Entwicklung von nachhaltigen Lösungen und Prozessen beitragen?
Insbesondere die Kombination von Digitalisierung und Nachhaltigkeit eröffnet Möglichkeiten zur Verbesserung. Durch den Einsatz digitaler Technologien kann zum Beispiel bereits in der Entwurfsphase der Energieverbrauch und die Materialauswahl für einen effizienten Ressourcenverbrauch berücksichtigt werden. Simulationen ermöglichen die Evaluation verschiedener Szenarien und das Testen neuer Materialien und unterstützen so bei der Entscheidungsfindung für mehr Öko-Effizienz. Mit automatisierten Verfahren können Ressourcen sparsam eingesetzt und Abfälle sowie Emissionen reduziert werden. Sie vereinfachen die Identifizierung und Dokumentation von Materialien und Bauteilen, was beispielsweise für den Rückbau und die potenzielle Verwendung für weitere Projekte relevant ist. Große Datenmengen werden schnell und effizient verarbeitet. Digitalisierung und Nachhaltigkeit ergänzen sich und bieten zahlreiche Optionen, um Bauwerke ressourcenschonend zu bauen und zu betreiben und damit einen positiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft zu leisten.
Was bedeutet das zum Beispiel für die Generalplanung?
In der Generalplanung müssen wir einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Das bedeutet, dass wir das zirkuläre Bauen und den Blick auf den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks von Anfang an in die Planung integrieren. Wir müssen einen übergreifenden Ansatz für das Zusammenspiel der verschiedenen Gewerke entwickeln und neue Methoden zur Bewertung und Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in den Planungsprozessen berücksichtigen. Es liegt an uns, Chancen zu erkennen und das Planen und Bauen nachhaltiger und effizienter zu machen. Durch den Einsatz der Digitalisierung als Werkzeug können wir einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Branche voranzubringen. Und das werden wir auch tun.