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Masterarbeit im Wasserbau

Baumaßnahmen für Infrastrukturprojekte dürfen nicht nur nach den Baukosten und technischen Lösungen bewertet werden, sondern auch nach der Gesamtökobilanz der jeweiligen Struktur sowie den Treibhausgasemissionen in Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb der Struktur.

 

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In der Masterarbeit wurde untersucht, wie hoch die CO2-Emissionen bei dem Bau einer Kaimauerkonstruktion sind. Auf der Basis einer Ökobilanz wurden drei verschiedene Kaimauerkonstruktionen miteinander verglichen: Spundwand, Caissonstruktur und aufgeständerte Pierplatte. Dafür wurden die Lebenswegphasen für die Produktion der Baumaterialien und der Bauprozess des Bauwerks untersucht (siehe Phasen A1 bis A5 in Abbildung 1). Die drei Konstruktionen wurden unter den gleichen Randbedingungen wie Lebensdauer, Baugrundbedingungen, Dimensionen und Standort vorbemessen und bewertet. 

„Die Masterarbeit hat mir die Augen geöffnet für das Thema CO2-Fußabdruck in der Bauindustrie und dafür, wie viel es noch zu tun gibt!” Kai-Julian Hendler, ehem. Werkstudent

Auswertung
Die Analyse zeigte, dass die Spundwandkonstruktion die niedrigsten CO2-Emissionen mit ca. 45 Tonnen CO2-Äquivalent pro laufenden Meter Liegeplatz (t CO2-eq) aufweist. Die Caissonkonstruktion und die Pierplatte hingegen weisen CO2-Emissionen von ca. 61 bzw. ca. 86 t CO2-eq/m auf. Zum Vergleich: Es wird etwa eine Tonne CO2 ausgestoßen pro Person, die von London nach New York und zurück fliegt. Weiterhin konnte dargestellt werden, dass der größte Anteil der Treibhausgase (etwa 80 Prozent) während der Produktion der Baumaterialen, insbesondere Portlandzement und Stahl, emittiert wird. Die Mobilisierung und Demobilisierung der Baugeräte und Baustelleneinrichtung sowie der Transport der Baumaterialien tragen zwischen etwa 6 und 11 Prozent zu den gesamten Treibhausgasemissionen bei. Ein ähnlicher Wert ergibt sich für die Bauphase der Kaimauerstruktur.

Die Sensitivitätsanalyse konnte nachweisen, dass durch innovative Ansätze wie die Anpassung der Betonrezeptur (Reduzierung des Anteils an Portlandzement, Ersatz durch Flugasche bzw. Hüttensand) und Erhöhung des Anteils von recyceltem Stahl der CO2-Fußabdruck um ca. 26 bis 40 Prozent reduziert werden kann.

Einschränkende Aspekte
Laut ArcelorMittal (2019) kann derzeit das Angebot von Stahlschrott nur etwa 22 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Stahl decken, der Anteil soll auf ca. 40–50 Prozent bis 2050 ansteigen. In der Sensitivitätsanalyse dieser Studie wurden etwa 85 Prozent recycelter Stahl verwendet. In Anbetracht des begrenzten Angebots an Stahlschrott ist es jedoch vermutlich nicht realistisch, von einem so hohen Wert auszugehen. Das relativ niedrige Angebot von Stahlschrott erhöht die Bedeutung der Wiedergewinnung von Stahlelementen (Lebenswegphase D), da dieser Nutzen teilweise oder in seiner Gänze einem vorliegenden Projekt zugeordnet werden kann (Hammond & Jones, 2011).

Es wurde unter anderem untersucht, wie sich eine geänderte Zusammensetzung des Bindemittels im Beton auswirkt. Dazu wurde der Flugasche- und Hüttensandgehalt des Bindemittels auf 35 bzw. 65 Prozent erhöht. Beton mit einem höheren Anteil an Flugasche oder Hüttensand hat eine geringere Frühfestigkeit als ein Beton, der nur Portlandzement enthält (The Concrete Centre, 2020). Dies kann sich auf das Bauprogramm auswirken, da es die zum Ausschalen benötigte Zeit erhöhen kann. Deswegen ist es wichtig, dass Projektplaner und -leiter bereits vor Anlauf des Projekts oder in seinem Frühstadium mit Lieferanten und Bauunternehmen zusammenarbeiten, um Möglichkeiten und Grenzen der CO2-Reduzierung bei der Betonherstellung bewerten zu können.